Blauer Hibiskus
Roman von Chimamanda Ngozi Adichie. Random House 2005. („Purple Hibiscus“). Aus dem Amerikanischen von Judith Schwaab.
Ein traurig schöner Roman über das Erwachsenwerden im heutigen Nigeria.
Kambili lebt in Enugu, im südlichen, christlich geprägten Nigeria. Sie stammt aus einer großbürgerlichen Familie, wächst unter scheinbar behüteten Verhältnissen auf. Ihr Vater Eugene ist streng gläubiger Katholik. Er hat die Werte der einstigen britischen Kolonialmächte verinnerlicht und verachtet die alten afrikanischen Traditionen. Als regierungskritischer Zeitungsverleger ist er ein respektiertes Mitglied der Stadt. Nach innen jedoch herrscht er tyrannisch über Frau und Kinder, hält sie mit unsinnigen Regeln und Geboten in Schach und terrorisiert sie bei Zuwiderhandlungen mit roher Gewalt. Das Familiendrama hat sich lange angebahnt, als es an einem Palmsonntag ausbricht. Kambilis Bruder Jaja hat die Kommunion verweigert und damit dem streng katholischen Vater Eugene den Kampf angesagt. Gleichzeitig wird das Land von Unruhen erschüttert, der Überwachungsstaat dringt immer mehr in die privaten Trutzburgen des nigerianischen Bürgertums ein und bedroht auch die Welt von Eugene.
In dieser hochexplosiven Stimmung flüchten Kambili und Jaja zu ihrer Tante Ifeoma nach Nsukka. Das gastfreundliche Haus Tante Ifeomas ist Treffpunkt für alle Freigeister der kleinen Universitätsstadt wie auch für den von Eugene verachteten Großvater, der nach den alten Traditionen der Igbo lebt. Es wird gelacht und gesungen, Jaja blüht auf und auch Kambili erholt sich von den Verletzungen, die ihr Vater ihr in einem Tobsuchtsanfall beigebracht hat. Hier begegnet sie dem attraktiven jungen Kaplan Pater Amadi, der bei den Studenten sehr beliebt ist und der auch auf Kambili einen tiefen Eindruck hinterlässt. Kambili verliebt sich Hals über Kopf in den sympathischen Geistlichen, der ihre Gefühle zu erwidern scheint.
Die fünfzehnjährige Kambili erzählt von dem Jahr, in dem ihre Familie auseinanderfiel, ihr Land im Terror versank und ihre Kindheit zu Ende ging.
Mit ihrem Roman Blauer Hibiskus hat Chimamanda Ngozi Adichie eine anrührende Geschichte über den Zwiespalt afrikanischerJugendlicher geschrieben, die ihren Platz zwischen afrikanischerTradition und westlicher Kultur, zwischen brüchigen Familienverhältnissen und neuen Partnerschaften erst noch finden müssen.Dabei ist ihr eine verzaubernde Liebesgeschichte gelungen.
„Wir berichten über Kriege und Armut in Afrika. als wären es vorzeitliche, atavistische Gegebenheiten. Und vergessen dabei, dass sich auch in diesen Zeiten Menschen verlieben und ein ganz normales Leben führen.“ Chimamanda Ngozi Adichie
Über die Autorin
Chimamanda Ngozi Adichie, wurde 1977 in Abba, im nigerianischen Bundesstaat Enugu, geboren. Ihre Familie entstammt, wie Chinua Achebe dem Volk der Ibo. Ihr Vater, James Adichie, ist Vizekanzler der University of Nigeria, Nsukka, ihre Mutter arbeitet an derselben Universität.
Adichie studiert in Nsukka Medizin. Mithilfe eines Stipendiums für die Drexel University in Philadelphia emigriert sie 1998 in die USA und studiert Kommunikationswissenschaften. Während ihres Studiums beginnt Adichie Gedichte und Kurzgeschichten zu schreiben. Für die Kurzgeschichte You in America, wird sie 2002 für den Caine Prize for African Writing nominiert. Ein Jahr später erscheint ihr erster Roman Blauer Hibiskus, der in die Shortlist für den Orange Prize for Fiction aufgenommen wird. Sie schildert das Leben aus der Warte der Oberschicht, und macht deutlich, dass die Dämonen der postkolonialen Gesellschaft Nigerias unabhängig von Rasse und Schicht immer noch ihr Unwesen treiben. Dabei erzählt die Autorin ihre Geschichte so packend, dass man glaubt, sie selbst sei Opfer familiärer Gewalt geworden. Doch sie betont in vielen Interviews, dass die Handlung des Romans keinesfalls biographisch sei. Den Roman hat sie, jeden Zweifel ausräumend, ihren Eltern gewidmet. Dabei erfährt man, dass ihre Mutter mit zweitem Vornamen Ifeoma heißt, wie die freiheitsliebende Tante aus der Geschichte.
Für ihren zweiten Roman Die Hälfte der Sonne, der aus einer Kurzgeschichte entstand, erhält sie 2007 die begehrte Auszeichnung.
„Wir berichten über Kriege und Armut in Afrika, als wären es vorzeitliche, atavistische Gegebenheiten. Und vergessen dabei, dass sich auch in diesen Zeiten Menschen verlieben und ein selbstbestimmtes Leben führen.“ Chimamanda Ngozi Adichie
Einen Auszug zu dem Roman Blauer Hibiskus kannst du hier hören