Die San oder Buschmenschen

Buschmann Jäger im südlichen Afrika

(c) Ian Beatty

Die Buschmenschen oder San, wie sie auch genannt werden, zählen zu den frühesten Bewohnern des südlichen Afrika. Nach neuesten Forschungen sind sie wahrscheinlich sogar das älteste Volk der Welt. Ihre Felszeichnungen in den Drakensbergen beweisen, dass sie seit mehr als 25 Tausend Jahren hier leben. Ihre Spuren sind selbst noch in Äthiopien zu finden. Sie benutzen keine Waffen, sondern jagen wie ihre Vorfahren mit Pfeil und Bogen.Sie waren Nomaden, erfahrene Jäger und Sammler. Aufgrund ihrer traditionellen Lebensweise als Nomaden wurden sie im 18. und 19. Jahrhundert von einwandernden Bantu Völkern und europäischen Siedlern verdrängt. Zeitweise gab es regelrechte Vernichtungsfeldzüge gegen die friedliebenden Buschmenschen. Zu ihrem Schutz haben sie sich in die Kalahari oder die Namib Wüste zurückgezogen und lernten, in den trockenen und unwirtlichen Regionen zu überleben.

Eine Zeitreise

Die Geschichte der San ist großartig und traurig zugleich. Einzigartig sind ihre Felszeichnungen, die von einer Jahrtausende alten Jägerkultur erzählen, von Jagdglück, einem hoch entwickelten Gemeinschaftsleben und magischen Ritualen. Sie waren die Urbewohner der Savannen und Hüter des Buschlandes. Traurig ist die Geschichte der letzten Jahrhunderte. Mit der Wanderung der Bantuvölker von Zentralafrika in den Osten und Süden des Kontinents begann ihre Vertreibung. Die kriegerischen Hirtenvölker der Bantu waren mit ihren Eisen- und Kupferwaffen den friedliebenden San überlegen. Es kam zu Kämpfen um Wasser und Vieh. Die San, die nie Kriegswaffen herstellten, hatten keine Chance. Sie wurden aus den fruchtbaren Gebieten der Savanne vertrieben.

Die Kolonisierung Afrikas war katastrophal für die San

Mit dem Einfall der Holländer und Engländer in Südafrika im ausgehenden 17. Jahrhundert begann das eigentliche Drama. Die europäischen Gouverneure und Siedler führten regelrechte Vernichtungsfeldzüge gegen die San. Die Ureinwohner mussten sich in die Kalahari und die Namib Wüste zurückziehen. Dann nahmen deutsche Händler und Kolonialherren Anfang 1900 Namibia in Beschlag. Sie schürften nach Gold und Diamanten und sie bauten Farmen. Sie versklavten die San, setzten sie als Spurenleser und Feldarbeiter ein. Dass einige San in der südafrikanischen Armee als Fährtenleser dienten und die Verstecke einstiger Freiheitskämpfer aufdeckten, machte sie zur Zielscheibe von Rachefeldzügen anderer afrikansicher Völker. Die San waren vom Aussterben bedroht. Erst vor wenigen Jahren begann ein Umdenken. Einzelne erkannten ihr reiches Wissen über die Natur, sie lebten mit den San, erlernten ihre Sprache und begann ihre Kultur wertzuschätzen.

Die traditionelle Lebensweise der San

Das Leben der Buschmenschen ist hart, doch die Gemeinschaft bietet einen starken Zusammenhalt. Entscheidungen z. B. über Wanderrouten und neue Siedlungen, werden gemeinsam getroffen. Es gibt keine Hierarchien. Die San leben in Gruppen von 10 bis 35 Mitgliedern. Sie übernachten in einfachen Hütten, die sie aus Zweigen, Blättern und Gras bauen. Mehr brauchen sie nicht, denn sie bleiben nie lange an einem Ort. Sie ziehen auf den Spuren der großen Wildtiere durch die Trockensavanne, folgen Antilopen, Spießböcken und Straußen.

Sprache und Zahlungsmittel

BuschmannperlenDie Sprache der Buschmenschen kann man sofort unter allen Sprachen der Welt erkennen. Denn sie ist die eine lautmalerische Sprache, die aus charakteristischen Klick-, Schnalz- und Schmatzlauten besteht.  Sie ist ganz der Natur abgelauscht. „Buschmannperlen“ gehören zu den ältesten Zahlungsmitteln Afrikas. Sie sind seit etwa 7 000 Jahren in Gebrauch. Sie bestehen aus rundgeschliffenen Schalen von Straußeneiern und werden wie Perlen auf Schnüre gezogen.

Arbeitsteilung

Es herrscht eine klare Arbeitsteilung. Die Männer jagen und beschaffen Wasser. Sie sind ausgezeichnete Spurenleser, Tiere führen sie zu Wasserstellen. Sie können anhand der Spuren nicht nur die Art des Tieres bestimmen, sondern Alter, Krankheit, oder ob es männlich oder weiblich ist. Wenn sie eine Beute erlegt haben, entschuldigen sie sich bei dem Tier und der Natur dafür, dass es sterben musste. Die Frauen sammeln Früchte, Beeren und Wurzeln, oder fischen. Sie tragen hauptsächlich zur Ernährung der Familie bei. Sie kennen 250 verschiedene Pflanzenarten und wissen, welche essbar oder giftig sind und welche eine Heilkraft besitzen. Auf den Tisch kommt auch „Bushmeat“ wie Termiten, Heuschrecken, Schlangen, Eidechsen und anderes Kleingetier.  Die Buschmenschen leben nachhaltig und achten darauf, dass sie nie mehr von der Natur nehmen als sie benötigen. Wenn sie einen Überschuss an Fleisch oder Früchten besitzen, teilen sie mit anderen.

Der Marulabaum

Der Marulabaum hat eine besondere Bedeutung für die San. Im Februar trägt er wohlschmeckende Früchte, aus seiner Rinde wird ein Heilmittel gewonnen, das Öl der Fruchtkerne dient als Kerzenersatz. Der Baum ist auch ein Fruchtbarkeitssymbol. Hochzeiten werden unter ihm abgehalten, und die Familienplanung wird mit seiner Rinde beeinflusst. Die zerriebene Rinde des männlichen Baumes soll sicherstellen, dass man einen Jungen gebiert, die Rinde des weiblichen Baumes soll für die Geburt eines Mädchens sorgen.

Lebendige Natur und Geisterwelt

Die San verehren eine Gottheit,  ein „Höchstes Wesen“. Sie glauben, dass die Natur belebt ist. Jedem Stein, jeder Pflanze, jedem Tier und Menschen wohnt eine natürliche Schöpferkraft inne, die gewissen Regeln folgt. Sogar Orte können beseelt sein. In Trance ergründen die San die Regeln der Magie, um den Willen der Naturelemente zu beeinflussen. Die Jäger befragen zum Beispiel ein Orakel aus Tonstücken vor einer Jagd.

Magie, Glaube und Trance

Gefeiert wird anlässlich reicher Beute oder um den lang ersehnten Regen herauf zu beschwören. Sie versammeln sich, tanzen und singen und versetzen sich in eine Art „Traumzustand“. Sie gelangen durch Gesänge, Trommelrhythmen, Tänze und halluzinogene Drogen in Trance. Sie glauben an krankmachende Geister und Heilung durch Trancetänze. Jedes Mitglied der Gruppe kann Geistheiler oder -heilerin sein. Die Schamanen und Schamaninnen glauben in diesem entrückten Zustand, in Kontakt mit den Geistern zu treten. Die Geister der Natur verleihen ihnen übermenschliche Kräfte wie die Kraft des rituellen Heilens. Der Heiltanz ist vermutlich das wichtigste Gruppenritual der San.

Die Felszeichnungen der Buschmenschen

In den Drakensbergen und den Tsodilo Hills in der Kahlahari finden sich die beeindruckenden Felsmalereien der San. Sie erzählen von der Jagd, von rituellen Tänzen und Momenten völliger Entrücktheit. Die ältesten Zeichnungen zeigen die enge Verbundenheit von Jagd, Natur und Magie. Besonders häufiges Motiv ist die Elenantilope, sie magische Kräfte besitzen soll. Viele Szenen zeigen Elenantilopen zusammen mit tanzenden Schamanen. Im Trancezustand sollen die guten Eigenschaften und Kräfte der Antilope auf sie übergehen.

Leben zwischen Tradition und Moderne

Heute haben viele Buschmenschen ihre nomadische Lebensweise aufgegeben und sind sesshaft geworden. Einige arbeiten auf Farmen oder als Fährtenleser. Die Mehrzahl ist ohne Arbeit. Seit der Umsiedelung durch die Regierung von Botswana um die Jahrtausendwende leben die meisten in schnell errichteten Siedlungen am Rand der Kalahari oder in der Gegend von Maun. Die Menschen waren entwurzelt, die Siedlungen boten keinen Ersatz für die Freiheit, die den früheren Jägergemeinschaften zu eigen war. Deshalb kämpfen einige San  um ihr Existenzrecht als Nomaden und ihre einstigen Jagdgebiete in der Kalahari. Auf diese Weise versuchen sie einen Übergang von einer frühen Lebensform in die Moderne zu schaffen.

Die Geschichten der San

Die ersten Erzähler Südafrikas waren die San. Ihre Märchen sind exotisch und fremdartig. Sie berichten von den schwierigen Lebensbedingungen in Steppe und Wüste und von den uralten Mythen über die Entstehung der Welt. Sie zeugen von einer Zeit, als die Menschen sich den Lebensraum noch mit den Tieren teilten. Sie vermitteln das Vertrauen darin, dass im Kosmos eine ausgleichende Kraft am Werk ist. Sie halten den Glauben daran aufrecht, dass die Kraft des Guten am Ende siegt.  Die Samlung von Tiermärchen, die  Nick Greaves unter dem Titel Wie Zebra zu seinen Streifen kam herausgab, enthält zum großten Teil Geschichten der San, sie versetzen uns an die Lagerfeuer wie die Menschen vor Jahrtausenden.

 

Bücher über die San:

Nisa erzählt. Von Marjorie Schostack. Rowohlt 2001. Marjorie Schostack lebte viele Monate bei den Buschmenschen, erlernte ihre Sprache und freundete sich mit der San-Frau Nisa an. Eine authentische Schilderung des Alltags der Buschmenschen.

Die Erstgeborenen. Von Giselher W. Hoffmann. Unionsverlag 1991. Wie kein anderer Autor hat Giselher Hoffmann am Leben der Gwi teilgenommen, eine Untergruppe der Buschmenschen in Namibia. Er berichtet vom Überlebenskampf der Jäger in den Wüsten des südlichen Afrika.

Info: Die Urbewohner der Savanne nennen sich Gana, Tsila, Gi, Gwi. Von den holländischen Einwanderern wurden sie abwertend Buschmenschen genannt. Später nannten Europäer sie San. Heute nennen sich die Bewohner der Kalahari wieder Buschmenschen, denn sie verstehen sich als die Hüter des Buschlandes.