Kenia vor der Wahl ist Kenia nach der Wahl – November 2017

Kenia, das einstige Vorzeigeland in Ostafrika hat ein Problem: Amtsinhaber Uhuru Kenyatta siegt mit der Jubilee Party bei der wiederholten Präsidentenwahl in Kenia. Schon die erste Wahl im August war von Unregelmäßigkeiten begleitet und musste wiederholt werden – auf Anordnung des Obersten Gerichts von Kenia.

Die vermasselte Wahlwiederholung

Inauguration von Uhuru Kenyatta

Auch die Wiederholung der Wahl lief nicht fair ab. Deshalb wurde sie von Raila Odinga, dem Oppositionsführer boykottiert. Denn erneut sahen sich Odinga und seine Orange Democratic Movement Party durch die Regierungspartei von Kenyatta behindert. Das Gericht war unmittelbar vor der wiederholten Wahl nicht beschlussfähig, um Raila Odingas Vorwürfe zu prüfen. Ein Gerichtsdiener war angeschossen worden, und die Richterin war nach New York geflohen. Es war also vorauszusehen, dass Amtsinhaber Kenyatta zum Sieger erklärt würde. Die Zahlen der zweiten Abstimmung zeigen ein beunruhigendes Bild: Weniger als 35 Prozent der 19,6 Millionen registrierten Wähler gingen an die Urnen. Zum Vergleich: am ersten Wahldurchgang beteiligten sich noch fast 80 Prozent der Bevölkerung. Seit Kenyatta im August zum Gewinner der ersten Wahl erklärt wurde, sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehr als 70 Menschen getötet worden, die meisten von der Polizei.

Wer ist für die Wahlmisere verantwortlich?

Raila Odinga während einer Pressekonferenz

Raila Odinga mit seinem Boykott oder Uhuru Kenyatta mit der Polizeigewalt gegen Oppositionelle sowie den Unregelmäßigkeiten der Wahlhelfer? Kenyatta hatte als amtierender Präsident die Fäden der Macht in der Hand und hätte die Voraussetzungen für eine faire Wahl schaffen können. Das hat er offenbar versäumt. Nun wird er in den nächsten fünf Jahren gegen die Hälfte der Bevölkerung anregieren. Ob ihm das gelingen wird, ist fraglich. Dazu muss man wissen, dass in Kenia verschiedene Völker leben, die um die Macht und den Reichtum des Landes konkurrieren: die Luo, zu denen Raila Odinga gehört, und die Kikuyu, Kenias größte und einflussreichste Volksgruppe, zu denen Uhuru Kenyatta zählt.

War der Wahlkampf eine verkappte Familienfehde?

Die Väter beider Politiker waren im vorigen Jahrhundert, als Kenia sich von britischer Kolonialherrschaft befreite, prominente Widerstandskämpfer. Beide kämpften um die Führung, als Kenia 1963 in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Raila Odingas Vater Jaramogi Oginga Odinga verlor im Wahlkampf gegen Jomo Kenyatta, der Kenias erster Präsident wurde. Odinga führte drei Jahrzehnte lang die Opposition in Kenia, wurde jedoch nie Präsident von Kenia.

Raila Odinga und sein politisches Programm

Raila Odinga und die Orange Democratic Movement haben einen radikalen Wechsel versprochen. Odinga wurde 1945 als Sohn von Jaramogi Oginga Odinga geboren, einem Widerstandskämpfer, der Kenias erster Vizepräsident unter Jomo Kenyatta wurde. Raila Odinga studierte in der ehemaligen DDR und gilt als sozialistisch geprägter Politiker. Er wurde dreimal verhaftet wegen seiner Opposition gegen das einstige Ein-Parteien System in Kenia. Sein wichtigstes politisches Ziel besteht in der Gewaltenteilung, um die ungleiche Verteilung des Reichtums zu beenden. Denn unter dem vorigen und jetzigen Amtsinhaber Uhuru Kenyatta hat sich die Schere zwischen den Reichen und Armen in Kenia immer weiter geöffnet. Seine politischen Gegner haben ihm als Sozialisten unterstellt, dass er der freien Wirtschaft großen Schaden zufügen würde. Odingas Wahlversprechen bestand außerdem darin, die Infrastruktur zu verbessern. Er sagte auch, er würde die grassierende Korruption eindämmen. Dumm nur, dass auch gegen Mitglieder seiner eigenen Partei Verfahren wegen Korruption anhängig sind.

Uhuru Kenyatta und sein politisches Programm

Uhuru Kenyatta wurde 1961 geboren, kurz nachdem sein Vater nach einem Jahrzehnt in britischer Haft aus dem Gefängnis entlassen und zum ersten Präsidenten des unabhängigen Kenias gewählt wurde. Uhurus Vorname bedeutet auf Kiswahili „Freiheit“. Kenyatta wird als Führer des Kikuyu Volkes betrachtet, des größten in Kenia ansässigen Volksstammes. Er ist Katholik, verheiratet und hat drei Kinder. Kenyatta studierte in den USA. Der Multimillionär besitzt eine Reihe von Firmen und ist Großgrundbesitzer. Er gilt als einer der reichsten Männer Afrikas. Kenyatta konnte schon die Wahlen 2013 für sich entscheiden, obwohl er vor dem Internationalen Gerichtshof wegen seiner Rolle bei den gewalttätigen Ausschreitungen in 2007 angeklagt war. 2014 wurde die Anklage aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Kenyattas erste Amtszeit zeichnete sich durch Verbesserungen der Infrastruktur sowie größeres Wirtschftswachstum aus. Seine Erfolge waren allerdings begleitet von wachsenden Schuldenbergen und einer immer größeren Ungleichheit zwischen armen und reichen Kenianern.

Was sagen die Kenianer zu dem Wahlergebnis?

„Egal wer in Kenia gewinnt, ob frei/demokratisch oder gefälscht/undemokratisch: Kenyatta steckt sich das Geld in die rechte eigene Tasche oder Odinga in die linke eigene Tasche. Mit Demokratie hat das wenig zu tun, sondern mit Bereicherung eines Stammes.“ Fest steht, dass das Mißtrauen zwischen den verschiedenen Völkern Kenias größer geworden ist und die Hälfte der Bevölkerung  dem Amtsinhaber Uhuru Kenyatta mit großer Skepsis gegenüber steht. Obwohl sie dessen Vater Jomo Kenyatta in guter Erinnerung haben. Schließlich war er Gründungspräsident von Kenia. Es ist zu hoffen, dass Kenyatta während seiner zweiten Amtszeit die Interessen aller Völker Kenias gleichermaßen in seine politischen Entscheidungen einbezieht.

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