Die Kolonisierung von Afrika
Im 15. Jahrhundert erkundeten europäische Seefahrer die Küsten Afrikas. Ihnen folgten Händler und Abenteurer. Sie errichteten an den Küsten Handelsposten. Nach den Händlern kamen Entdeckungsreisende und erforschten das Innere des Kontinents.
Die Entdeckungsfahrten
Im 15. Jahrhundert wütete die Pest in Europa, und die Macht des Adels begann zu bröckeln. Die Menschen hungerten nach Gold, Luxuswaren und Gewürzen, die hauptsächlich aus Indien eingeführt wurden. Diese Güter wurden immer teuerer, denn arabische Händler mischten sich als Zwischenhändler in den Warentransfer ein und verdienten kräftig mit. Irgendwann wurde es dem Adel zu bunt, sie wollten nicht mehr die überhöhten Preise zahlen. Doch was sollten sie tun. Die Landroute von Indien nach Europa war durch die Araber blockiert, es kam also nur der Seeweg in Frage. Und da kam Heinrich der Navigator, Sohn des portugiesischen Königs John I. ins Spiel. Er liess einen neuen Typ von Schiffen bauen, die solide und hochseetüchtig waren. Er finanzierte teure Expeditionen und entsandte seine besten Seefahrer Richtung Afrika, um eine Seeroute nach Indien zu erkunden. Sein Ziel war es, ein weltweites Handelsnetzwerk aufzubauen, um Portugals Vormachtstellung in Europa zu sichern. Es war ein mutiges Unterfangen, doch jeder, der in der Schiffahrt Rang und Namen hatte, wollte dabei sein. Die besten Seefahrer machten sich auf den Weg und suchten nach den besten Ankerplätzen an der Westküste Afrikas, wo man frisches Wasser und Proviant aufnehmen konnte. Überall, wo sie vor Anker gingen, errichteten sie sogenannte Padrãos, Sockel, auf denen sie große Steinkreuze errichteten und das Emblem des portugiesischen Königshauses. Das waren die ersten Zeichen des Machtanspruches, den Europäer über afrikanisches Gebiet erhoben. Die Geographen, die mit den ersten Entdeckern mitreisten, zeichneten Karten von den Küsten und erhielten so ein immer genaueres Bild des afrikanischen Kontinents. Die Portugiesen waren beeindruckt von den exoitschen Landschaften und dem Reichtum der Küstenbewohner. Sie errichteten Versorgungsposten und besiedelten Küstenabschnitte. So begann die Kolonisierung Afrikas, die sich über 500 Jahre erstreckte.
Die Entdeckung der Seeroute nach Indien
Die erfahrensten Seefahrer waren Bartolomeu Dias, der 1497 bis nach Kapland segelte, und Vasco da Gama, der als erster Europäer zehn Jahre später auf dem Seeweg Ostindien erreichte. Ihre Route führte sie von Lissabon rund um das Kap der Guten Hoffnung bis nach Ostindien. Über das Arabische Meer kamen sie nach West Indien, und von dort segelten sie über die Banda See zu den Gewürzinseln. Das war die neue Seeroute, auf der in Zukunft Pfeffer, Nelken, Muskat und Zimt nach Europa transportiert wurden. Diese Gewürze waren im Mittelalter sehr geschätzt, nicht nur zum Würzen von Speisen sondern vor allem auch als Zutaten für Heiltränke und medizinische Anwendungen.
Händler erobern die Märkte Afrikas
Bald nach den Seefahrern kamen Händler und Abenteurer nach Afrika. Die Gier nach schnellem Reichtum trieb sie an. Die Händler knüpften Kontakte mit den Küstenbewohnern und den Anführern der Küstenvölker. Sie erwarben Küstengebiete zu Spottpreisen und errichteten Handelsposten. An der Westküste trafen sie auf Völker, die einen unermesslichen Reichtum an Gold, Elfenbein und Sklaven besassen. Sie benannten die Küsten je nach den Waren, die dort gehandelt wurden: die Goldküste im heutigen Ghana, die Sklavenküste, die von Togo bis nach Nigeria reichte und die Elfenbeinküste nach den Stoßzähnen. Als in der Neuen Welt die ersten großen Plantagen errichtet wurden, nahm der Handel mit Sklaven zu und wurde zu einem großen Geschäft für die europäischen Handelshäuser. Die Beschaffung der Sklaven überliess man arabischen und afrikanischen Menschenjägern. Den Transport und Weiterverkauf an Plantagenbesitzer in Übersee übernahmen die Europäer. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde der unmenschliche und grausame Sklavenhandel zum blühenden Geschäft der Europäer, für die afrikanischen Völker war der Handel das verheerendste Ereignis in ihrer Geschichte.
Die Missionierung Afrikas
Die ersten Missionare betraten im 16. Jahrhundert afrikanischen Boden. Sie kamen mit den Entdeckern und Händlern an die Küsten Westafrikas und drangen entlang der Flüsse ins Innere des Kontinents vor. Zu der Zeit war der Norden Afrikas schon islamisch geworden. Sie wollten nun den Süden des Kontinents für die christliche Religion gewinnen. Ihr großes Vorbild war Heinrich der Seefahrer, der seine Entdeckungsfahrten unter das Zeichen des christlichen Kreuzes gestellt hatte. Für die Missionare waren die leicht bekleideten Schwarzen „Wilde“, die sie zu zivilisierten Menschen erziehen wollten. Sie verachteten den afrikanischen Ahnenglauben, denn für sie war er purer Aberglaube. Sie erklärten, dass ihr Gott besser sei als die vielen afrikanischen Götter. Glaubten ihnen die Einheimischen? Nein, sie wehrten sich anfangs gegen die neue Religion und wollten weiterhin nur ihre Götter verehren. Doch der Protest kümmerte die Missionare nicht, sie fuhren mit ihrer Überzeugungsarbeit fort. Schließlich waren sie davon überzeugt, dass sie ein gutes Werk taten.
Die Missionare arbeiteten Hand in Hand mit den Kolonialherren
Die weißen Priester versprachen den Herrschern und Dorfältesten, Schulen zu bauen und moderne Waffen zu liefern. Sie bauten prächtige Kirchen und bewiesen so, dass sie über große Kenntnisse verfügten. Anfangs waren die Einheimischen noch misstrauisch, denn der neue Glaube unterschied sich sehr stark von ihren religiösen Vorstellungen. Doch die prächtigen Kirchengebäude der Europäer beeindruckten sie. Auch die Kirchenlieder und die Geschichten aus der Bibel gefielen ihnen gut. So ließen sich die ersten taufen und zur Religion der Weißen bekehren. Die Kinder der Getauften wurden auf Missionsschulen geschickt. Sie erhielten europäische Namen und lernten die Sprache der neuen Herrscher, entweder portugiesisch, französisch oder englisch. Außerdem wurden sie in Lesen und Schreiben unterrichtet. Mit diesen Kenntnissen sollten sie den Kolonialherren nützliche Dienste bei der Unterwerfung ihres Volkes leisten. Die meisten waren stolz, eine Missionarsschule zu besuchen. Denn sie erhielten später einflussreiche Posten und verdienten besser als ihre nicht bekehrten Geschwister und Freunde. Wie die islamischen Gelehrten in Nordafrika gingen auch die christlichen Missionare nicht behutsam bei der Verbreitung des christlichen Glaubens vor. Immer wieder beklagten sich Afrikaner über die Überheblichkeit und Grausamkeit der Missionare. Wenn sie gegen die Weißen rebellierten, wurden sie bestraft oder in Gefängnisse gesperrt. Rechts im Bild siehst du ein Kreuz auf einer Kirche in Goma, in der Demokratischen Republik Kongo.
Der Kongo König Afonso I. wird getauft
Einer der ersten afrikanischen Herrscher, der sich bekehren ließ, war der kongolesische König Afonso I. Mit seinem afrikanischen Namen hieß er Nzinga Mbemba. 1506 wurde er getauft. Die Missionare hatten ihn dazu erzogen, ganz im Sinne der europäischen Eroberer zu handeln. Er ordnete sich den Wünschen der Portugiesen unter und lieferte ihnen Diamanten und Sklaven. Im Gegenzug halfen sie dem Kongo König bei der Organisation des Reiches. Und sie lieferten ihm Waffen für die Ausstattung eines großen Heeres. Als die Portugiesen immer mehr Sklaven forderten, wollte Afonso keine Geschäfte mehr mit ihnen machen. Er verwies die Portugiesen des Landes. Die erste afrikanische Herrscherin, die sich bekehren ließ, war die Königin Nzinga von Matamba. Zum Dank wurde in ihrem Reich eine prächtige Kirche gebaut.
Der Missionar David Livingstone dringt ins Herz von Afrika vor
Der bekannteste Missionar war der Schotte David Livingstone. Er unternahm mehrere Expeditionen nach Afrika und war der erste Europäer, der den Kontinent von Westen nach Osten durchquerte. 1854 reiste er den Sambesi flussabwärts. Er wollte das Evangelium zu den Völkern im Herzen von Afrika tragen. Auf seiner Reise stieß er auf riesige Wasserfälle, die Einheimischen nannten sie Mosi-oa-Tunya, donnernder Rauch, er nannte sie nach seiner Königin „Viktoriafälle“. Seine Wege kreuzten sich immer wieder mit Sklavenhändlern. Für ihn als gläubiger Christ war Menschenhandel ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er kämpfte für die Abschaffung des Sklavenhandels, wie viele Missionare in seiner Zeit.
Schon gewusst?
Bis heute wird in vielen afrikanischen Schulen in französisch oder englisch unterrichtet, der Sprache der früheren Kolonialherren. Obwohl die fremde Sprache besonders Schulanfängern schwer fällt!
Der Hunger nach Land und Rohstoffen
Um 1880 hatten die Portugiesen und Spanier ihre afrikanischen Handelsposten an den Küsten zu Kolonien ausgeweitet. Die industrielle Revolution entfachte einen unersättlichen Hunger nach Rohstoffen. Franzosen und Engländer konkurrierten um jene afrikanischen Gebiete, die diese wertvollen Rohstoffe besaßen. Wer den Zugriff auf Gold, Kupfer und andere Edelmetalle, auf Elfenbein, Gummi, Kaffee oder Edelhölzer hatte, wurde neue Weltmacht.
Kolonialisierung bedeutete Ausbeutung
Der Bau der Eisenbahn in den Kolonien beschleunigt den Abbau der BodenschätzeIm Westen, Osten und Süden Afrikas bauen die Kolonialmächte Eisenbahnen, um die Bodenschätze schneller an die Küsten zu transportieren. So beschloss die portugiesische Regierung 1899 den Bau einer Eisenbahn in Angola, um die reichen Bodenschätze an die Küste zu transportieren. Von dort gelangten sie über den Seeweg nach Europa. Den Bau der Benguelabahn in Angola übernahm der Brite Sir Robert Williams, ein Freund des berüchtigten Cecil Rhodes. Der Atlantikhafen von Lobito bildete den Ausgangspunkt der 1344 Kilometer langen Benguelabahn. Sie reicht bis in die Demokratischen Republik Kongo. 1902 war Baubeginn. 1929 fuhr die erste Bahn von Angola nach Kongo. Die einheimische Bevölkerung staunte, als sie die erste Dampflok durch das Land fahren sah. Manche fragten sich, mit welcher höheren Macht die Weißen im Bund waren, die ihnen so ein Wunderwerk bescherte. Für die Europäer erwies sich die Strecke als profitabel. Woche um Woche wurden die wertvollen Bodenschätze aus dem Land geschafft und nach Europa transportiert. Die Europäer wurden reich, während die Einheimischen in Armut lebten. Ganz ähnlich gingen die Briten in Kenia vor.
Afrika wird aufgeteilt
Belgien, Deutschland, Holland und Italien meldeten ebenfalls Anspruch auf Kolonialgebiete an, es begann ein richtiger Wettlauf um Afrika. Der deutsche Reichskanzler Graf Otto von Bismarck lud 1884 alle europäischen Staatsführer zu einer Konferenz nach Berlin ein. Die zerstrittenen Europäer sollten in der sogenannten „Kongokonferenz“ den afrikanischen Kontinent unter sich aufteilen. Sie grenzten die Gebiete auf der Landkarte ab wie mit einem Lineal. Sie achteten nicht darauf, dass dabei viele Völker auseinander gerissen wurden. Kein einziger Afrikaner war bei dieser „Kongokonferenz“ anwesend und konnte etwas dagegen unternehmen. So hatten Portugiesen, Engländer, Franzosen, Deutsche, Belgier und Niederländer freie Hand, um die Bodenschätze auszubeuten und Afrikaner zur Arbeit auf ihren Plantagen zu zwingen.
Die europäischen Kolonien
Die Politiker kümmerten sich nicht um angestammte Siedlungsgebiete oder Wanderwege afrikanischer Völker. Mit ihrer Grenzziehung zerstörten sie die traditionelle Lebensweise von Nomaden. Auf der Karte links im Bild siehst du, dass Frankreich – alle blauen Flächen – und Großbritannien – alle roten Flächen – die größten Gebiete besetzten. Die Briten sicherten sich Vorrechte in ihren ehemaligen Handelsstützpunkten von West- und Ostafrika. Ihr Einfluss erstreckte sich von Ägypten über Sudan, Kenia und Tansania bis nach Südafrika. Im Westen bestimmten sie über Nigeria. Alle anderen Gebiete am Atlantik standen unter der Vorherrschaft der Franzosen: Algier, Marokko, Senegal und Mali. Deutschland als noch junge Kolonialmacht sicherte sich große Gebiete im heutigen Kamerun, in Tansania und Namibia.
Ein weißer Fleck auf der Karte
Zwei Länder spielten eine Aussenseiterrolle in der afrikanischen Kolonialgeschichte: Äthiopien und Liberia. Nur wenige Jahre schaffte es Italien, äthiopisches Gebiet zu besetzen. Kaiser Menelik II. verteidigte Äthiopien erfolgreich gegen italienische Truppen. Liberia, der weiße Fleck auf der oben Karte – an der Westküste Afrikas – war eine unabhängige Insel zwischen besetzten Ländern. Amerikanische Politiker hatten das Gebiet von Liberia bestimmt, um dort freigelassene Sklaven anzusiedeln.