Mandela und der Bulle von Mondi

von Lewis Nkosi. (Südafrika). Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2009.

Mondi ist der Name eines Dorfes in Südafrika. In der Missionsschule von Mondi bemüht sich der alte Pater Ross, seinen pubertierenden Schülern englische Literatur und christliche Moral beizubringen. Dumisa gehört zu den Lieblingsschülern von Pater Ross. Er ist aufgeschlossen für Literatur. Doch die christliche Moral ist ihm gleichgültig. In diesem Punkt ist er völlig normal. Ebenso normal ist, dass Dumasi von zwei Leidenschaften erfasst ist: von der Lust an der Verführung der Mädchen von Mondi und der grenzenlosen Verehrung Nelson Mandelas. Mandela ist der Volksheld der schwarzen Bevölkerung Südafrikas. Er hat den weißen Herrschern den Kampf angesagt und dem Volk die Freiheit versprochen. Dass er seinen Verfolgern auf wunderbare Weise immer wieder entwischt, macht ihn zum Star. Doch für Dumisa ist der Sohn eines Zulu-Stammesführers noch weit mehr. Für ihn ist Mandela der Inbegriff von sexueller Potenz. Kein Wunder, dass Dumisas Identifikation mit seinem Idol so weit geht, dass ihn die Nachricht von der Inhaftierung Mandelas um seine Manneskraft bringt.
Lewis Nkosi hinterfragt in seiner Geschichte um die Turbulenzen des Erwachsenwerdens die hehren Ideale der schwarzen Bevölkerung Südafrikas. Er wirft einen satirischen Blick auf die Bewohner der Regenbogennation in den sechziger Jahren, als die meisten ihre Zukunftshoffnungen auf Nelson Mandela projizierten.

Über den Autor

Lewis Nkosi, 1936 im südafrikanischen Durban geboren, war Kritiker und Romanautor. International bekannt wurde er mit zwei Romanen: Weiße Schatten (Mating Birds 1983), der von der verbotenen Liebe zwischen einem Schwarzen und einer weißen Frau handelt, und Mandela’s Ego, der Geschichte eines Teenagers, der in den Bann von Nelson Mandelas Ausstrahlungskraft gerät.

Lewis Nkosi entstammte einer traditionellen Zulufamilie. Er wuchs in einer abgelegenen Dorfgemeinschaft auf, ehe er Anfang zwanzig nach Johannesburg ging. Die Stadt wirkte auf ihn wie ein Aufputschmittel. Er verkehrte in den schwarzen intellektuellen Kreisen Johannesburgs, machte seinem Zorn über das rassistische Apartheidsregime Luft in der legendären Zeitschrift „Drum“. Seine Artikel wurden verboten, er stand auf der Abschussliste der Zensoren. Da kam eine Stipendium der Neiman scholarship von der Harvard university gerade zur rechten Zeit. Als Nkosi nach Harvard ging, wusste er, dass die südafrikanische Regierung ihm die Wiedereinreise verweigern würde. Seither lebte Nkosi mal den USA, mal in Sambia und mal in England, um von dort aus gegen die Politik der Apartheid anzuschreiben. Er war ein Jazzfan, seinen Zwillingen sang er abends nicht Schlaflieder vor sondern Jazzlieder. Er schrieb moderne Zulu Songs für die britische Gruppe The King’s Singers.

2001, nach fast vier Jahrzehnten im Exil, kehrte Nkosi in seine Heimat zurück. Die war abgeschafft, mit Nelson Mandela hatte sich das Gesicht des Landes verändert. Sein Roman Mandela’s Ego gibt die Stimmung Südafrikas zu jener Zeit zwischen Hoffnung und Ernüchterung wieder. Er gehört zu jenen Autoren, die leider nicht mit vielen Auszeichnungen bedacht wurden. Als er 2010 starb, geschah es fast unbemerkt von der literarischen Öffentlichkeit.