Jäger des Wortes. Eine Kindheit in Westafrika
von Amadou Hampaté Ba (Mali). Wuppertal 1995
Amadou Hampaté Ba war ein Geschichtensammler und Erzähler aus Mali. Er gehörte einer adligen Familie der Fulbe an, besuchte zunächst eine Koranschule und später eine französische Kolonialschule. Er machte sich über alle wichtigen Ereignisse in seinem Leben Notizen, die er später in einer Autobiographie herausgab. Der erste Band der Biographie wird aus der Sicht des Jungen Amkoullel erzählt. Amkoullel stammt aus dem Volk der Peul, das in Mali beheimatet ist. Die Peul schlossen sich schon früh dem islamischen Glauben an und verbreiteten den Islam im Westen Afrikas. Wir erfahren von den ersten zwanzig Jahren, in denen der Junge sowohl von der Tradition der Geschichtenerzähler Westafrikas, der Griots geprägt wurde wie auch von dem Einfluss der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Amkoullel ist ein neugieriges Kind, das im Laufe der Jahre Glück und Unglück, Leidenschaft, Wut und Angst erlebt. Er lernt zu kämpfen, studiert den Koran und macht sich mit der Kultur seines Volkes und der benachbarten Völker vertraut. Er wird vertraut mit dem Leben im Busch und den Gesetzen der französischen Schule. Er lernt zu unterscheiden zwischen den Werten der Schwarzen und den Gesetzen der Weißen, fragt sich, ob ob die Exkremente der Weiß-Weißen, der Europäer, wirklich schwarz sind. Spielerisch und mit List findet er dabei seinen eigenen Weg in die Erwachsenenwelt. Das Buch ist eine Familienchronik und zugleich ein Bericht über die Kultur der Völker Westafrikas. Dabei spielen die ersten Begegnungen mit den europäischen Kolonialherren eine besondere Rolle.
Von Amadou Hampaté Ba stammt das bekannte Zitat: „Mit jedem Greis, der in Afrika stirbt, verbrennt eine Bibliothek.“
Über den Autor
Amadou Hampâté Bâ ,1900 in Bandiagara, Mali, geboren, stammte aus einer noblen Familie der Fulbe. Er zählt zu den angesehensten Autoren von Mali, denn er hat sich besonders um die Bewahrung der mündlichen Erzählwerke Westafrikas verdient gemacht
Als Amadou aufwuch, gehörte Mali noch zur Kolonie Französisch-Westafrika. Er wurde, wie alle Söhne der herrschenden afrikanischen Clans, zum Besuch der französischen Schule verpflichtet und ab dem ersten Weltkrieg zum Dienst in der französischen Kolonialverwaltung. Dennoch achtete seine Familie, und als sein Vater starb, besonders seine Mutter darauf, dass Amadou auch traditionell erzogen wird. In seiner Biographie schrieb Amadou: „Vielleicht konnte man noch seinem Vater widersprechen, aber seiner Mutter zu widersprechen war undenkbar.“ Und seine Mutter entschied: „Du hast schon genug französisch gelernt, es ist an der Zeit, dass Du lernst, wie man ein echter Fulbe wird.“ Amadou Hampâté Bâ vertiefte sich in die Weisheit des Islam, wurde Schüler des Sufi Meisters Tierno Bokar, bekannt als „der Weise von Bandiagara“. Damit war der Stein gelegt für ein einzigartiges Lehrer-Schüler Verhältnis, in dem sich der Umgang eines ganzen Volkes mit seiner Kultur widerspiegelt. Als Sufi Meister gehörte Bokar einer aufgeklärten Richtung des Islam an, er galt als universal gebildet und tolerant gegenüber allen orthodoxen Religionen. Und er schien über einen unerschöpflichen Vorrat an Parabeln und Sprichwörtern zu verfügen, was charakteristisch ist für die mündliche Erzählkunst Afrikas. Wir würden Tierno Bokar nicht kennen, wenn ihm nicht Amadou mit seinen Schriften ein Denkmal gesetzt hätte.
Amadou Hampâté Bâ blieb ein forschender Geist in den zwei Welten, in denen er gross wurde, der kolonialen französischen und der traditionellen afrikanischen. Er sammelte und erforschte seit den vierziger Jahren in französischem Auftrag die Überlieferungen seiner Heimat und gab Übersetzungen heraus. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er für die UNESCO und später als Botschafter seines Landes. Er schrieb Bücher, religiöse Lyrik und eine Autobiographie, Jäger des Wortes (Amkoullel l’enfant peul), die erst nach seinem Tode 1991 veröffentlicht wurde.