Hundezeiten
(Temps de Chien) von Alain Patrice Nganang. (Kamerun). Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2001 und als Hörbuch bei Scala Z Media, München 2007.
Ein furioser, witziger und bissiger Bericht aus Yaoundé, der Stadt der sieben Hügel. Der Clou: Ein Kneipenhund namens Mbudjak erzählt uns die Geschichte.
Der Kneipenhund „Mbudjak“ ist ein Chronist der besonderen Art. Er kennt die Kneipen Yaoundés, die tristen Armenviertel wie auch die üppigen Märkte.
Mbudjak kennt seinen Herrn, den Kneipenwirt Massa Jo, und dessen Stammgäste besser als die sich selbst in ihren wenigen nüchternen Momenten. Und das nicht nur, weil er die Welt aus der Perspektive der Vierbeiner betrachtet, sondern weil er ein ausgeprägtes Gespür für den Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit besitzt. Auf seinem Stammplatz unter dem Tisch der Kneipe seines Herrn bezeugt er unerhörte Vorgänge. Er weiht uns in die dunklen Triebe und die Gier seines Wirts ein, in die Machenschaften seiner illustren Kundschaft und in die Korruptheit der politischen Klasse – allen voran Paul Biya, der Präsident Kameruns. Die Strassen Yaoundés sind in Aufruhr. Noch sind die Kneipen der Stadt in der Lage, die Gemüter der Unzufriedenen mit Alkohol, Klatsch und der Aussicht auf amouröse Abenteuer zu besänftigen. Mbudjak flüchtet vor den Verrohungen der immer mehr verarmenden Stammgäste und vor den Gemeinheiten des Sprösslings von Massa Jo, einem Kind, das den Bosheiten seines Erzeugers in nichts nachsteht. Mbudjak durchstreift die Armenviertel Yaoundés auf der Suche nach dem wahrhaftigen Menschen. Nur um am Ende desillusioniert wieder bei seinem Herrn Unterschlupf zu finden. Und da geschieht das Wunder: Im rebellischen Erwachen der Menge, in ihrem wütenden Protestzug gegen den Präsidenten Biya und seine käufliche Elite entdeckt Mbudjak den Menschen.
„Ich traute meinen Augen nicht: Aufbrechen des Asphalts, ja, Tornado auf den Strassen, ja, Aufruhr im Armenviertel, nochmals ja – denn tatsächlich, der Mensch machte sich wieder auf dem Weg… Wir waren vereint, der Mensch und ich, vereint im Stakkato unserer Sprache: in unserem Gebell.“ Hundezeiten
Patrice Alain Nganang, geboren in Yaoundé, Kamerun, studierte in seiner Heimatstadt Yaoundé und in Deutschland, Frankfurt a.M. Literaturwissenschaft. Um die Jahrtausendwende 2000 siedelte er in die USA um und unterrichtet deutsche Literatur an einer amerikanischen Universität. Globalität pur! Er wurde für den Roman Hundezeiten mit dem Grand Prix Littéraire de l’Afrique noires ausgezeichnet.
Über den Autor
Patrice Nganang, geboren in Kamerun, einst deutsche, danach französische Kolonie, hat mit Hundezeiten das beste „Vierbeiner“-Epos seiner Zeit hingelegt, und damit gleich zwei wichtige Literaturpreise abgeräumt. 2001 den Prix Littéraire Marguerite Yourcenar und 2002 Grand Prix Littéraire de l’Afrique noire, der höchste Literaturpreis Afrikas.
Als Patrice Nganang „Hundezeiten“ schrieb, da lebte er schon nicht mehr in Kamerun. Und vielleicht war die Distanz nötig, um seiner Geburtsstadt Jaunde mit Hundezeiten ein so schillerndes Denkmal zu setzen. Noch in Kamerun hatte Patrice Nganang, Jahrgang 1970, mit dem Studium der Literaturwissenschaft begonnen. Er setzte seine Studien in Deutschland, in Frankfurt und Berlin fort und promovierte über Wole Soyinka und Bert Brecht. Heute lehrt er in Shippensburg, Pennsylvania, deutsche Literatur. Nebenher schreibt er Literaturkritiken, Essays, bereitet eine Anthologie über neue afrikanische Literatur vor – und arbeitet an einem neuen Roman.
Bissiger als Paul Austers „Timbuktu“
Konsequenter als John Bergers „King“
Hier kannst du einen Auszug aus Hundezeiten hören.