Der kleine Prinz aus der Vorstadt
von Calixthe Beyala (Kamerun). Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 1995.
“Ich heiße Mamadou Traoré laut Geburtsurkunde, aber ich werde von allen Loukoum genannt. Übrigens bin ich nicht nur der Größte in meiner Klasse, sondern auch der Stärkste. Das ist ja normal, da die Schwarzen stärker sind als irgendwer sonst. So ist das eben. Ich wohne in der Rue Jean-Pierre Timbaud Nr. 92, fünfter Stock, ohne Aufzug. Wir sind eine ganze Menge Leute, und wer sich dort auskennt, weiß, dass es in dieser Ecke nur so wimmelt von Sippen, die aus Afrika kommen und auf engem Raum zusammenleben, ohne dass dabei jemand zu kurz kommt. Solidarität verpflichtet.“ Der zehnjährige Loukoum ist der kleine Prinz aus der Pariser Vorstadt Belleville. Bis er in die Schule kam, war Loukoum immer davon ausgegangen, dass jedes Kind zwei Mütter hat, denn sein Vater Abdou hat schließlich auch zwei Frauen – M’am und Soumana. Richtig kunterbunt wird’s aber erst, als eines Tages eine dritte Frau vor der Tür steht. Respektlos, ironisch, doch mit sehr viel Charme schildert Calixthe Beyala das Leben ihres kleinen Helden und das seiner Familie, seiner Nachbarn und Schulkameraden: ihre Armut, ihre ungesicherten Existenzen, ihre Ängste wie auch ihre überbordende Lebenslust. Loukoum ist ein Wanderer zwischen der Welt der Schwarzen und der Weißen, der Erwachsenen und der Jungen. Er gehört zu denen, die das Land der Weißen erobern, aber auch ein Stück schwarzes Afrika mitten in Europa erhalten wollen. Calixthe Beyala ist eine Schriftstellerin aus Kamerun, die heute in Paris lebt. Die Autorin ist in Frankreich sehr bekannt, ihre Romane wurden von der Kritik viel beachtet. Ihr Buch „Assèze I’Africaine“, in dem sie ihren eigenen Weg von Afrika nach Europa schildert, wurde für den renommierten Literaturpreis „Prix fémina“ vorgeschlagen.