Nigeria
Nigeria wurde früher Sklavenküste genannt, denn die Häfen im Nigerdelta waren strategisch wichtig für die Schifffahrt zwischen Afrika und der Neuen Welt. Heute ist Nigeria ein modernes, aber zerrissenes Land. Nigeria ist drei mal so gross wie Deutschland und mit 152 Millionen Einwohnern ähnlich dicht besiedelt.
Lage
Nigeria liegt in Westafrika, am Atlantischen Ozean. Im Westen liegt Benin, im Norden Niger, im Nordosten Tschad und im Südwesten Kamerun. Die südlichen Ausläufer der Sahara reichen bis in den Norden Nigerias. Der Norden besteht aus Wüste mit trockenem Wüstenklima. Zeitweise wird das Gebiet von langen Dürreperioden heimgesucht. Nigerias Küste liegt am Golf von Guinea. Der Niger mündet hier in einem riesigen Delta in den Ozean. Die Küsten sind gesäumt von Lagunen und Mangrovensümpfen. Hier herrscht tropisches Klima mit einer Regenzeit, die von April bis Oktober dauert. Nigeria war einst ein waldreiches Land. Heute finden sich nur noch im Süden die Ausläufer des Regenwaldes.
Landschaften
Nigeria hat seinen Namen vom Fluss Niger, der durch den Westen Nigerias fliesst. Der Niger bildet eine wichtige Verkehrsader zwischen den handeltreibenden Völkern im Norden und den Völkern im Süden. Er fliesst durch die Sahelzone, die Savanne und den Regenwald, bevor er in einem großen Delta in den Atlantik mündet. Entlang seiner Ufer entwickelten sich eine reiche Fauna und Flora. Entlang der Küste Nigerias gibt es unzählige malerische Lagunen, an denen sich kleinere und grössere Siedlungen befinden. Diese seichten Gewässer eignen sich teilweise sehr gut zum Baden und sind ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Das Nigerdelta ist gesäumt von Mangrovenwäldern, die einen beträchtlichen Teil der Vegetation ausmachen. Durch den hohen Salzgehalt gedeihen hier nur die salzresistenten Mangrovenpflanzen. In Nordnigeria befinden sich ausgedehnte Fels- und Sandlandschaften, hier herrscht ein sehr trockenes und heisses Klima, das die Ausbreitung der Wüste begünstigt hat. Im Zentrum Nigerias befanden sich einst große Regenwaldgebiete, die jedoch zum großen Teil gerodet wurden.Mehr über die Landschaften Nigerias
Abuja, die Hauptstadt von Nigeria
Abuja ist eine künstliche Stadt. Sie wurde erst vor vierzig Jahren in der Mitte des Landes gebaut. Einst lagen hier die Wanderrouten der Hirtenvölker von Nigeria. Deshalb ziehen auch heute noch Hirten mit ihren Herden durch die Prachtstraßen von Abuja. Die heimliche Hauptstadt Nigerias ist Lagos an der Küste des Atlantik. Die Küstenstadt ist die zweitgrößte Stadt Afrikas. Lagos war das Einfallstor für europäische Entdecker, einst Handelsposten und später strategisch wichtiger Hafen im europäisch-transatlantischen Sklavenhandel. Diese Geschichte liegt mehr als ein Jahrhundert zurück. Heute spielt sich in Lagos das kulturelle und wirtschaftliche Leben Nigerias ab. Mehr zu Lagos
Lesenswert: Graceland von Chris Ababani. Es gibt kein Graceland in Lagos, dafür riesige Slums, wie Maroko, das auf Stelzen in den Schlamm gerammte Ghetto der boomenden Hauptstadt.Hier lebt Elvis Oke, er ist überall und hat die Augen offen. Einen besseren Reiseführer durch den Moloch Lagos gibt es nicht!
Wirtschaft und Handel
Vor fünfzig Jahren bestritt Nigeria siebzig Prozent seines Exportes mit landwirtschaftlichen Produkten. Als 1956 in der Gegend des Nigerdeltas Erdöl entdeckt wurde, setzte ein rasanter wirtschaftlicher Aufschwung ein. 95 Prozent der Exporterlöse stammen aus dem Erdölverkauf. Nigerianisches Öl ist begehrt, denn es eignet sich besonders gut als Flugzeugtreibstoff. Die Kehrseite der Ölförderung war, dass weite Landstriche zerstört und der Lebensraum für Völker und Tierwelt zunichte gemacht wurde. Dann fand man im südlichen Nigeria Diamanten. Ausländische Investoren kamen nach Nigeria und finanzierten die Diamantenförderung. Heute zählt Nigeria zum viertgrößten Exporteur von Diamenten. Nigeria ist ein reiches Land, doch davon profitiert nur eine kleine Elite.
Die Völker Nigerias
Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land in Afrika. 250 verschiedene Völker und mindestens ebenso viele Religionen, Ansichten und Lebensweisen sind in Nigeria beheimatet. Die einflussreichsten Völker sind die Hausa im Norden, die Yoruba im Westen und die Ibo im Osten. Die Hausa im Norden haben beeindruckende Lehmbauten. Die Stadt Kano am Rand der Sahelzone ist bekannt für ihre aus Lehm erbaute Altstadt, mit dem Emirpalast und einer großen Moschee Die Yoruba sind vermutlich Nachfahren der Nok Kultur. Sie leben im Westen Nigerias. Sie gründeten schon im Mittelalter große Städte. Die Ibo siedeln im Osten, sie leben in Dörfern und Siedlungen. Die Fullbe sind ein Nomadenvolk, das über ganz Westafrika vertstreut ist.
Sprachen und Religionen
Amtssprache ist Englisch, die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien. In Nordnigeria wird aus religiös-kulturellen auch arabisch gesprochen. In Nigeria besteht eine kaum überschaubare Vielfalt an religiösen Gemeinschaften. Im Süden finden sich überwiegend Christen, im Norden dominieren Anhänger des muslimischen Glaubens. Die alten afrikanischen Religionen mit Ahnenkult und Fetischismus haben noch überall Bestand.
Ausbildung
In Nigeria besteht von 6 bis 15 Jahren Schulpflicht. Die Eltern müssen kein Schulgeld entrichten. Doch viele Schulen sind nicht sehr gut ausgestattet. Der Unterricht fällt häufig aus. Das liegt daran, dass immer weniger Geld in Bildung investiert wird. Lehrergehälter werden gekürzt, Schulgebäude verfallen. Auch die Universitäten leiden unter den gekürzten Bildungsetats. Studiengänge werden eingeschränkt, Bibliotheken werden nicht erneuert. Eltern, die es sich leisten können, schicken ihre Kinder zum Studium nach Europa oder in die USA.
Tierwelt
Wildlebende Tiere findet man in Nigeria nicht so zahlreich wie in anderen Ländern Westafrikas. Das liegt daran, dass immer mehr Land urbar gemacht und viele Wildtiergebiete zerstört wurden. Auch durch die Bürgerkriege wurde der Lebensraum von großen Wildtieren zerstört. Deshalb kann man fast nur in Naturschutzparks kann man noch Tiere beobachten, die früher in der Wildnis lebten, u.a. seltene Antilopenarten. Mehr über Tiere in Nigeria
Die Geschichte von Nigeria
Bei Ausgrabungen stießen Archäologen im Zentrum von Nigeria auf Terrakottafiguren aus der Eisenzeit. Die Figuren stammen aus der Nok-Kultur, die etwa 500 Jahre vor Christus entstand. Sie gelten als älteste Zeugnisse der nigerianischen Völker. Bis heute weiß man nur sehr wenig über diese alte Kultur. Sicher aber ist, dass sie der Vorläufer der mittelalterlichen Königreiche von Nigeria war. Mehr über die Geschichte Nigerias
Besonderheit in Nigeria
Die Yoruba hatten seit jeher ihre Wett- und Ringkämpfe. Zum Erwachsenwerden gehört für die Jungen der Yoruba die Beherrschung von Reiten, Schwimmen und der Jagd. Ganz oben auf der Rangliste steht der, der sich in den Ringkämpfen durchsetzt. In früheren Zeiten wurde bei den Ringkämpfen entschieden, wer Häuptling wurde und wer Krieger. In Oshogbo befindet sich der „Sacred Forest“, der heilige Wald der Yoruba, der heute zum Weltkulturerbe zählt.
Nigeria und seine Feste
Im Norden gehören mehr als die Hälfte der Nigerianer dem Islam an. Hier feiert man das Ende des Fastenmonats mit dem Eid al-Fitr Fest, und danach das Sallah Fest. Wie bei allen afrikanischen Festen wird Musik gespielt und getanzt. Das besondere sind die prächtigen Prozessionen auf festlich geschmückten Pferden. In manchen Orten sieht man spektakuläre Reitvorführungen der Borno-Reiter. Im Süden finden neben den christlichen Feiertagen traditionelle afrikanische Feste mit Maskentänzen statt. Am 1. Oktober feiert Nigeria seine Unabhängigkeit von der einstigen Kolonialmacht Großbritannien.
Nigeria heute
Heute ist Nigeria ein gespaltenes Land. Das Land erscheint zwar demokratisch, es ist nach amerikanischem Vorbild eine präsidiale Repulik mit einem Senat und einem Abgeordnetenhaus. Alle vier Jahre wird gewählt. Korruption, Zensur und die Mißachtung von Menschenrechten verhindern, dass es eine gerechte Verteilung des Wohlstandes gibt. Die Kluft zwischen arm und reich ist groß. Viele gut ausgebildete Jugendliche sind arbeitslos. Junge Akademiker wandern ab, weil sie im Ausland lukrativere Jobs bekommen.
Nigeria – zerrissen zwischen Islam, traditioneller Religion und Christentum
Der größte Gegensatz besteht zwischen dem islamischen Norden und dem christlichen Süden. Der Norden will sich vom reichen Süden abspalten und einen islamischen Staat gründen. Es kommt es immer wieder zu Anschlägen und bürgerkriegsähnlichen Aufständen. Das Land ist im Umbruch. Dabei ist Nigeria der mächtigste Staat in Westafrika. Einzig seine kulturelle Vielfalt und Stärke bewahren das Land vor dem Auseinanderfallen. Nigeria verfügt über mehr als fünfundzwanzig unabhängige Tageszeitungen, es besitzt eine starke Filmindustrie, die an Produktivität der indischen den Rang abgelaufen hat. Und seine Literatur hat über die Grenzen Afrikas hinaus internationalen Rang erworben. Vor allem nigerianische Schriftsteller haben dazu beigetragen, dass Afrika im Orchester der Weltliteratur nicht mehr wegzudenken ist.